Als Businesscoach für Führungskräfte und UnternehmerInnen, habe ich es oft mit Menschen zu tun, die sich – mal mehr, mal weniger stark – in einem Zustand deutlicher Erschöpfung befinden. Trotz der diagnostischen Unklarheit, gibt es Muster, die ich im Folgenden aus meiner Sicht beschreibe:
Ein Burnout ist harte Arbeit.
Einen Burnout zu bekommen, ist harte Arbeit.
Ich weiß, das klingt zynisch, beschreibt jedoch einen Tatbestand: Zunächst findet man einen lang anhaltenden Zustand, der sich aus einem Überangebot an Arbeit beschreiben lässt und der von der betroffenen Person zunächst mit großem Verve angegangen wird: großes Engagement, Verbindlichkeit und Loyalität, einen hohen Leistungsbegriff, gepaart mit einer hohen Leistungsbereitschaft und meist einer berufliche Vorgeschichte, in der eben dies durch Vorankommen belohnt wurde: Du machst deine Sache super, du fällst positiv auf, du zeigst, dass du bedingungslos gut und engagiert bist. Du wirst mit Mehrarbeit und entsprechender Gratifikation „belohnt“.
Psychologisch geht damit zunächst das Gefühl der Unentbehrlichkeit einher. Kraft und Konzentration richten sich auf die Arbeit, soziale Kontakte und andere Aktivitäten werden eingeschränkt, weil sooooo viel zu tun ist: Nur noch das Projekt, dann wird es besser….
Wenn die und die Deadline erreicht ist, dann wird es besser….
Wird es aber nicht.
Aus dem Sprint ist längst ein Marathon geworden.
New level, new devil.
Mit größerer Flughöhe der Position wächst das Verantwortungsvolumen: letztlich ist die betroffene Person für so viel verantwortlich, was sie nicht mehr durch konkretes eigenes Zutun und schon gar nicht monokausal beeinflussen könnte. Trotzdem wird sie im Zweifelsfall dafür verantwortlich gemacht.
Für diese mentale Anforderung gibt es in den meisten Fällen ordentlich Geld sowie neue Titel, neue Visitenkarten, Signaturen, Büros, Ausstattungen etc.
Was meist „alt“ bleibt, ist die Identität und die Handlungslogik der Person. Und das erhöht die Wahrscheinlichkeit für einen Burnout immens. Denn die gewachsenen Anforderungen sind nicht durch mehr Fleiß, mehr Disziplin und noch mehr Bedürfnisverzicht zu bewältigen.
Was stattdessen notwendig ist: ein persönlicher Wachstumsprozess, der den neuen Anforderungen Rechnung trägt und die handelnde Person mit mehr Möglichkeitsraum ausstattet: sich selbst verstehen und wahrnehmen, Nein sagen, sich konstruktiv abgrenzen, sich selbst besser führen, um nicht im Operativen zu ertrinken, sondern Zeit für seine beruflichen Wichtigkeiten zu haben, Entscheidungsklarheit darüber, wie viel Lebenszeit, ich wofür gebe, um einige Elemente beispielhaft zu nennen.
Wenn Fleiß und Disziplin nicht mehr helfen.
Die innere Antwort auf den Zuwachs an Alltagskomplexität und das Überangebot an Arbeit ist stattdessen leider häufig Perfektionismus: überhöhte Ansprüche an sich selbst. Man besteht nur noch aus einem Leistungs-Ich, das immer mehr und mehr verschleißt und sich verzehrt. Erste emotionale, geistige und körperliche Symptome werden erlebt: Reizbarkeit, Verstimmungen, Infekte/Immunschwäche, Muskelverspannungen bis hin zu Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen, Rückenbeschwerden, um das psychosomatische Vokabular ausschnitthaft zu illustrieren.
Ziele werden als Zwang erlebt. Der innere Dialog besteht aus kargen Durchhalteparolen: „Ich muss, ich muss, ich muss!“ leider manchmal bis zur völligen Dekompensation: „Ich kann nicht mehr!“
Der Sand rieselt immer weiter.
Betroffene bewegen sich in einem rasenden Stillstand, sie sind überaktiv ohne Voranzukommen. Denn der Sand rieselt immer weiter nach. Die Arbeit hört nie auf. Hast du was abgearbeitet und damit „weg geschafft“, drängen sofort neue Pflichten nach. Wenn diese Situation auf mangelnde Abgrenzungsfähigkeiten trifft, gepaart mit einem hohen Pflichtbewusstsein, ergibt sich daraus leider ein Erleben von immer weniger Selbstwirksamkeit, Hilflosigkeit den Umständen gegenüber, Gefühlen von Ohnmacht und Resignation.
Kunden erleben das so, dass man immer schneller laufen muss, um wenigstens mithalten zu können. Aber selbst wenn man sich noch so anstrengt und rennt wie verrückt, geht das nicht mit dem Gefühl des Vorwärtskommens einher, sondern höchstens damit, nicht zurück zu fallen. Einmal „los zu lassen“, für Momente auszusteigen, sich entspannen, wird dann nicht mehr als sinnvoll und gut erlebt, sondern als Bedrohung empfunden, weil es gefühlt mit der Gefahr einhergeht, „heraus zu fallen“ und abgehängt zu werden.
Unter solchen erlebten Bedingungen, fällt es Menschen sehr schwer, eine für sich stimmige Entscheidungen zu treffen und Prioritäten zu setzen. Sie entscheiden sich oft dafür, nichts diesbezüglich zu unternehmen, was einer knallharten Entscheidung gleich kommt und wie jede Entscheidung, Konsequenzen hat.
Ein Burnout ist Feedback.
Ein Burnout schreit dir die letzten Sinnpartikel in einer immer sinnloser werdenden Situation ins Gesicht. Das fühlt sich schrecklich an, doch es handelt sich um ein wertvolles Feedback.
Wenn du im Auto los fahren willst, ohne angeschnallt zu sein, ertönt ein unangenehmer Warnton, ein wichtiges Feedback, dass dich daran erinnert, dass du etwas Wichtiges vergessen hast, bevor es weiter gehen kann.
Im größeren Ausmaß gibt dir ein Burnout ähnliches Feedback. Es ist der verzweifelte Kommunikationsversuch deines Unterbewusstseins, welches dir wertvolle Informationen vermitteln möchte. Informationen, die auf wichtige Bedürfnisse hinweisen, bei denen gerade ein eklatanter Mangel erlebt wird. Es fehlt etwas, damit es gut weiter gehen kann – und zwar du! Und ohne dich selbst und was dich ausmacht, was dir wichtig ist und was du brauchst, geht es eben nicht, zumindest nicht gut!
Wer bist du? Was brauchst du? Was willst du? Wie kann das gelingen?
Der immense Wert einer Weggefährtenschaft, wie sie ein gutes Coaching bieten kann, wird gerade in einer solch schwierigen persönlichen und beruflichen Situation sehr deutlich. Gemeinsam klären wir: was du willst, was du brauchst und wie du aus einer Situation, ohne Freiheitsgrade und Gestaltungsmöglichkeiten wieder in eine Situation kommst, die genau dies beinhaltet. Wir erarbeiten gemeinsam eine Strategie, die dich dabei unterstützt, deine Ressourcen aufzubauen, deine Wert- und Zielvorstellungen zu konkretisieren und diese zu gestalten. Damit eine schwierige Situation, die sich vor allem durch einen eklatanten Sinnverlust charakterisiert und sich in einer großen Erschöpfung manifestiert, als Sprungbrett genutzt werden kann, um deine persönlichen Vorstellungen für die Gestaltung deines Alltags und damit deines Lebens zu installieren und dein einmaliges kostbares Potential auf gesunde Weise voll auszuschöpfen. Ein bewältigter Burnout ist so enorm gut genutzt und macht wieder Sinn.